Acrylamid in Lebensmitteln: Erste Erfolge, aber kein Durchbruch


10/2003, 16.04.2003


BfR zieht nach einem Jahr eine erste Bilanz aus Sicht der Risikobewertung


Erste Erfolge sind zu verzeichnen, aber Entwarnung kann nicht gegeben werden - so stellt sich die Acrylamid-Situation heute für die Risikobewerter des BfR dar, ein Jahr nachdem die Schwedische Behörde für Lebensmittelsicherheit (NFA) auf die zum Teil hohe Belastung von Lebensmitteln mit Acrylamid hingewiesen hat. Weitgehend gelöst ist die Frage der Analytik, seine Erfahrungen bringt das Bundesinstitut für Risikobewertung derzeit auf europäischer Ebene ein. In einigen Bereichen konnten die Acrylamidgehalte gesenkt werden. Signifikante und nachhaltige Trends lassen sich aber aus den vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit öffentlich zur Verfügung gestellten Daten noch nicht ablesen. Dass große Anstrengungen von Wirtschaft, Wissenschaft und Behörden, aber auch vom Verbraucher notwendig sein würden, um das Verbraucherrisiko durch Acrylamid in Lebensmitteln zu minimieren, war angesichts der Komplexität und des Ausmaßes des Problems früh klar. Dennoch wären aus Sicht der Risikobewertung größere Erfolge wünschenswert gewesen. Die Forderung nach weiterer deutlicher Reduzierung der Acrylamidgehalte in Lebensmitteln bleibt damit uneingeschränkt bestehen.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung stuft das Vorkommen von Acrylamid in Lebensmitteln nach wie vor als ernstzunehmendes gesundheitliches Risiko für den Menschen ein. Es ist anzunehmen, dass die Substanz auch beim Menschen Krebs auslösen und das Erbgut schädigen kann. Die Aussagekraft einer Anfang dieses Jahres im British Journal of Cancer veröffentlichten neuen Studie aus Schweden, die keinen Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Acrylamid und einem Anstieg bestimmter Tumorraten nachweisen konnte, ist auch aus Sicht des BfR nicht ausreichend für eine Entwarnung. Aus der "Giftigkeit" der Substanz, ihrem Vorkommen in einer Vielzahl von Lebensmitteln und damit hoher Exposition, resultiert ein vergleichsweise großes gesundheitliches Risiko für den Verbraucher. Die Tatsache, dass der Mensch möglicherweise seit sehr langer Zeit hohe Mengen an Acrylamid über Lebensmittel aufgenommen hat, schmälert die Bedeutung des Problems nicht, sondern macht aus Sicht des Instituts erst recht eine rasche Lösung erforderlich. Das Institut wiederholt deshalb seine Forderung, die Gehalte in Lebensmitteln so weit und so schnell wie möglich zu senken.

Positiv zu bewerten ist, dass in den letzten zwölf Monaten wesentliche Mechanismen bekannt wurden, die zur Bildung von Acrylamid beitragen und die Ansatzpunkte für eine Reduzierung der Belastung, z.B. über technologische Änderungen, bieten. So wird beispielsweise aus Baden-Württemberg über Minimierungserfolge bei der Herstellung von Pommes Frites in der Gastronomie berichtet. Mit Hilfe einer ihnen zur Verfügung gestellten Farbskala beeinflussten die Betriebe den Bräunungsgrad und konnten damit die Acrylamidgehalte senken. Auch einzelne Hersteller berichten über erfolgreiche Minimierungsmaßnahmen.

Ein den Erfolg limitierender Faktor ist die Tatsache, dass die Kartoffel selbst "Lieferant" von Acrylamid ist. Über die Auswahl der Kartoffelsorte und geänderte Lagerungsbedingungen lassen sich die Gehalte im Endprodukt zwar beeinflussen, aber nicht ganz vermeiden.

Ein anderer Problembereich ist der private Haushalt. Eine Stichprobenuntersuchung des Bundesinstituts für Risikobewertung unter mehr als 1.000 durchschnittlich 16jährigen Schülern in Berlin hat gezeigt, dass mehr als 20 % des täglich durchschnittlich aus Lebensmitteln aufgenommenen Acrylamids aus Bratkartoffeln (7 %) und getoastetem Brot (15 %) stammt. Tipps, wie die Bildung von Acrylamid im Haushalt reduziert werden kann, enthält der Flyer "Acrylamid - Wie Sie sich und Ihre Familie schützen können" den das Verbraucherschutzministerium gemeinsam mit dem aid infodienst, Bonn, herausgegeben hat. Inwieweit Information und Aufklärung über die Problemsubstanz den Bürger aber tatsächlich erreicht und ihn zu einer Änderung seines Verhaltens bewogen haben, lässt sich nur schwer einschätzen. Sowohl im industriellen als auch im privaten Bereich sind deshalb weiterhin erhebliche Anstrengungen nötig, um das aus Lebensmitteln resultierende Verbraucherrisiko zu minimieren.



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