BfR-Forschung: Nachweis des Übergangs von Aluminium aus Menüschalen in Lebensmittel
21/2017, 29.05.2017
Speisen aus unbeschichteten Aluminium-Menüschalen enthalten hohe Aluminiumgehalte
Speisen aus unbeschichteten Aluminiummenüschalen können hohe Gehalte an Aluminium enthalten. Dies ist das Ergebnis eines BfR-Forschungsprojekts, in dem einige Lebensmittel orientierend untersucht wurden, die nach den Regeln des Cook&Chill-Verfahrens zubereitet und anschließend warmgehalten wurden. Die Messergebnisse zeigen trotz der begrenzten Zahl der untersuchten Proben, dass insbesondere beim Warmhalten im Anschluss an das Cook&Chill-Verfahren Aluminiumionen auf saure Lebensmittel übergehen. Das Cook&Chill-Verfahren ist ein gängiges Verfahren für die Essensversorgung in Gemeinschaftsverpflegungen wie Kindertagesstätten, Schulen, Kantinen oder Außer-Haus-Verpflegung. „Angesichts der ohnehin vorhandenen Belastung mit Aluminium in der Bevölkerung sollte eine Minimierung jedes vermeidbaren, zusätzlichen Eintrags angestrebt werden. Dies gilt vor allem für empfindliche Verbrauchergruppen wie Kleinkinder oder Senioren, die unter Umständen täglich Speisen verzehren, die in Aluminiumschalen warmgehalten werden“, sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. Grundsätzlich sind Aluminiumverbindungen ein natürlicher Bestandteil des Trinkwassers und vieler unbehandelter Lebensmittel, wie beispielsweise Früchte und Gemüse. Zudem können Verbraucherinnen und Verbraucher Aluminium bei unsachgemäßem Gebrauch von aluminiumhaltigen Kochgeschirr oder Aluminiumfolie sowie auch aus kosmetischen Mitteln aufnehmen.
In dem BfR-Forschungsprojekt „Ausmaß der Freisetzung von Metallen aus Lebensmittelkontaktmaterialien“ wurde der Übergang von Aluminiumverbindungen aus vier unbeschichteten Aluminiummenüschalen in die Prüflebensmittel Sauerkrautsaft, Apfelmus und passierte Tomaten untersucht. Diese wurden unter den Bedingungen des Cook&Chill-Verfahrens zubereitet und anschließend für zwei Stunden warm gehalten. Das Cook&Chill-Verfahren ist ein Verfahren, das im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung eingesetzt wird. Das Verfahren besteht aus den Prozessschritten Heißabfüllung, Schnellabkühlen, Kühllagern und Regenerieren (Wiedererhitzen). Bis zum Verzehr der Speisen werden die Aluschalen üblicherweise warm gehalten.
Bei allen Proben wurde nach der Warmhaltephase der Freisetzungsgrenzwert des Europarates für Aluminium von 5 Milligramm (mg) Aluminium je Kilogramm Lebensmittel erheblich überschritten. Das Expertenkomitee des Europarates für Lebensmittelkontaktmaterialien hat den Freisetzungsgrenzwert für Aluminium nach dem ALARA-Prinzip abgeleitet. Das ALARA-Prinzip bedeutet, dass von einem Stoff so wenig wie vernünftigerweise durch technische oder andere Maßnahmen erreichbar in einem Lebensmittel enthalten sein soll. Trotz der begrenzten Zahl der untersuchten Proben geht das BfR davon aus, dass die Freisetzung von Aluminiumionen aus den unbeschichteten Menüschalen materialspezifisch ist und die Ergebnisse deshalb verallgemeinert werden können. Das BfR plant weitere Untersuchungen mit salzhaltigen Prüflebensmitteln.
Insbesondere pflanzliche Nahrung und Trinkwasser sind wesentliche orale Aufnahmequellen von Aluminium für den Menschen. Einige Lebensmittel können geogen bedingt hohe Aluminiumgehalte aufweisen. Nach einer Abschätzung der EFSA aus dem Jahr 2008 wird die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) abgeleitete wöchentlich duldbare orale Aufnahmemenge (tolerable weekly intake, TWI) von 1 Milligramm (mg) Aluminium je Kilogramm Körpergewicht bei einem wesentlichen Teil der Bevölkerung wahrscheinlich bereits überschritten. Die Aluminiumaufnahme aus Lebensmittelbedarfsgegenständen trägt nur zu einem geringen Anteil zur Aluminiumbelastung der Bevölkerung bei - eine Ausnahme stellen aber saure und salzhaltige Lebensmittel dar, die in Kontakt mit Aluminium kommen. Die EFSA weist auch darauf hin, dass die Verwendung von unbeschichteten Aluminiummenüschalen zu erhöhten Aluminiumkonzentrationen in Fertiggerichten führen kann.
Laut den BfR-Messergebnissen würde ein Erwachsener bei täglichem Verzehr von 200 g sauren Lebensmitteln aus unbeschichteten Aluminiumschalen in einer Woche etwa 0,5 mg Aluminium je Kilogramm Körpergewicht zusätzlich aufnehmen. Aus Sicht des BfR wäre dadurch die Wahrscheinlichkeit, den TWI zu überschreiten, deutlich erhöht. Eine Überschreitung des TWI bedeutet zwar nicht notwendigerweise, dass eine gesundheitliche Beeinträchtigung eintritt. Allerdings verringert sich der Sicherheitsabstand, der bei der Ableitung des TWI-Wertes aus gesundheitsrelevanten Effekten in Tierversuchen angewandt wurde. Das BfR empfiehlt daher, jede zusätzliche Aluminiumaufnahme zu minimieren. Dies gilt vor allem für empfindliche Verbrauchergruppen wie Kinder oder Senioren, die unter Umständen täglich im Rahmen der Gemeinschafts- oder Außer-Haus-Verpflegung warmgehaltene Speisen aus unbeschichteten Aluminiummenüschalen verzehren.
Ein Großteil des aufgenommenen Aluminiums wird bei gesunden Menschen über die Niere ausgeschieden. Nicht ausgeschiedenes Aluminium kann sich im Laufe des Lebens vor allem in der Lunge und dem Skelettsystem anreichern. Bei der Betrachtung des Gefährdungspotenzials stehen Wirkungen auf das Nervensystem und Wirkungen auf die Fruchtbarkeit und das ungeborene Leben sowie Effekte auf die Knochenentwicklung im Vordergrund.
Über das BfR
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftlich unabhängige Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien- und Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.
In diesem Jahr feiert das BfR sein 15-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass hat das BfR eine Jubiläumsbroschüre herausgegeben, die unter http://www.bfr.bund.de/de/publikation/broschueren-660.html kostenlos heruntergeladen oder bestellt werden kann.