Dringend benötigt: Neue Strategien zur Risikobewertung genotoxischer Substanzen


03/2024, 21.02.2024


BfR veranstaltet internationales Symposium vom 26. bis 28. Februar 2024 in Berlin


Die Risikobewertung erbgutschädigender (genotoxischer) Stoffe ist eine Herausforderung. Eigentlich sollten solche Stoffe in Lebensmitteln oder Verbraucherprodukten überhaupt nicht vorkommen, da sie die Gesundheit beeinträchtigen und zum Teil Krebs auslösen können. Allerdings lässt sich ein Vorkommen nicht immer vermeiden, etwa weil eine Substanz in der Umwelt weit verbreitet ist oder sie natürlicherweise in einem Lebensmittel steckt – wenn auch oft nur in geringen Mengen. Die Risikobewertung steht vor der Frage, wie man aus den vorhandenen Daten und Fakten ableitet, welche Menge eines Stoffes nach Stand der Wissenschaft in einem Lebensmittel oder einem Produkt noch vertretbar ist.

Unterschiedliche Ansätze zur Risikobewertung genotoxischer Substanzen diskutieren internationale Experten auf einem vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) organisierten Symposium vom 26. bis zum 28. Februar 2024 in Berlin. „Wir wollen mit diesem Treffen zu einer Weiterentwicklung der etablierten Bewertungskonzepte und auch zur Harmonisierung der Risikobewertungsmethoden verschiedener nationaler und internationaler Institutionen beitragen“, erläutert BfR-Präsident Professor Andreas Hensel. „Das ist auch eine wesentliche Voraussetzung für eine klare und zielführende Risikokommunikation."

Stoffe, die erwiesenermaßen genotoxisch wirken, werden in der EU nicht zugelassen, etwa als Wirkstoffe in Pestiziden oder als Zusatzstoffe für Lebensmittel. Dennoch finden erbgutschädigende Substanzen ihren Weg in den menschlichen Körper: Manche von ihnen sind beispielsweise in der Umwelt weit verbreitet und können beim Anbau von Nahrungsmitteln in diese übergehen. Ein Beispiel ist anorganisches Arsen, das aus Böden und Grundwasser in Reis übergehen kann. Andere genotoxisch wirkende Stoffe können bei der Herstellung und Zubereitung von Lebensmitteln entstehen oder durch Mikroorganismen im bzw. auf Lebensmitteln gebildet werden. Hierzu zählen zum Beispiel die von Schimmelpilzen (v. a Aspergillus flavus und Aspergillus parasiticus) gebildeten Aflatoxine, die zu den stärksten in der Natur vorkommenden krebserzeugenden Stoffen gehören. Außerdem können Aflatoxine das Erbgut schädigen.

Genotoxische Stoffe, die direkt mit der DNA reagieren und auf diese Weise das Erbgut schädigen, sind für die Risikobewertung eine Herausforderung, weil nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand schon geringe Konzentrationen potentiell gesundheitsschädlich sein können. Daher können für diese Substanzen bislang keine gesundheitsbasierten Richtwerte festgelegt werden, bei deren Einhaltung gesundheitliche Risiken mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszuschließen sind. Kontaminationen mit DNA-reaktiven genotoxisch wirkenden Substanzen, wie z.B. mit Aflatoxinen, lassen sich nicht immer vermeiden. Daher wird in dieser Situation im Rahmen des Risikomanagements das ALARA-Prinzip (as low as reasonably achievable) angewendet. Der Gehalt einer genotoxischen Substanz soll danach so weit verringert werden, wie dies mit vertretbarem (technologischen) Aufwand möglich ist.

Um Prioritäten beim Risikomanagement setzen zu können und um eine bessere Einschätzung der tatsächlichen gesundheitlichen Risiken zu ermöglichen, sind allerdings quantitative Angaben wünschenswert – also etwa die Angabe, bis zu welcher Aufnahmemenge nach derzeitigem Wissen nur ein geringes Risiko von Beeinträchtigungen besteht.

Auf dem Symposium werden nach einleitenden Vorträgen unterschiedliche Aspekte im Rahmen der Bewertung von genotoxischen Stoffen in vier Workshops ausführlich diskutiert, und während einer Podiumsrunde am Ende der Veranstaltung Perspektiven für zukünftige Konzepte erörtert. Erwartet werden vor Ort rund 150 Fachleute aus Forschung, Industrie und von Behörden – darunter nationale und internationale Organisationen wie die Europäische Chemikalienagentur (ECHA), die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Darüber hinaus werden zahlreiche Online-Teilnehmende erwartet.

Alle Vorträge sowie die abschließende Podiumsdiskussion können im Live-Stream verfolgt werden. Die Zugangsdaten finden Sie hier:
https://www.bfr-akademie.de/english/events/gentox2024.html

Link zum Programm des Symposiums:
https://www.bfr-akademie.de/media/wysiwyg/2024/gentox2024/GenTox2024_programme.pdf

 

Über das BfR

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftlich
unabhängige Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums
für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Es berät die Bundesregierung
und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien- und
Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in
engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.


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