Antimikrobielle Produkte im Privathaushalt? Nur in begründeten Ausnahmefällen

FAQ des BfR vom 11. Februar 2025

Änderungen gegenüber der Version vom 22. Mai 2014: Der Text wurde durchgängig aktualisiert.

Neben Desinfektionsmitteln, z. B. für die Oberflächen- und Händedesinfektion, werden für private Haushalte auch Reinigungs- und Waschmittel angeboten, die biozide Wirkstoffe enthalten. Solche Reinigungsmittel mit nachweislich antimikrobieller Wirkung zählen ebenfalls zu den Desinfektionsmitteln und unterliegen wie diese der europäischen Biozid-Gesetzgebung.

Antimikrobielle Produkte werden häufig damit beworben, schädliche Mikroorganismen zu beseitigen. Der gesundheitliche Nutzen solcher Produkte ist jedoch nicht zweifelsfrei belegt. Außerdem können von den Produkten gesundheitliche Risiken ausgehen.

Aus Sicht des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) sollten Desinfektionsmittel inklusive Reinigungsmittel mit antimikrobieller Wirkung im Privathaushalt nur in begründeten Ausnahmenfällen verwendet werden. Solche Ausnahmen sind z. B. medizinisch begründete Situationen, in denen Desinfektionsmittel nach ärztlicher Beratung eingesetzt werden. Zum Schutz vor Infektionen ist es im Allgemeinen ausreichend, die Grundregeln der Hygiene im Haushalt zu berücksichtigen und Reinigungs- und Waschmittel ohne antimikrobielle Wirkung zu verwenden.

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Was sind antimikrobielle Produkte?

Für die Nutzung im Privathaushalt werden im Handel Reinigungs- und Waschmittel angeboten, die mit einer antimikrobiellen Wirkung beworben werden.

Produkte mit einer antimikrobiellen Wirkung zielen darauf ab, die Vermehrungsfähigkeit und/oder die Infektiosität von Mikroorganismen zu verringern. Zu dieser Produktgruppe gehören neben Desinfektionsmitteln auch Antibiotika und Konservierungsmittel.

Was sind Desinfektionsmittel?

Desinfektionsmittel sollen messbar die Anzahl von Mikroorganismen verringern, die unerwünschte Wirkungen auf Menschen, Tiere oder Materialien haben können. Sie werden auch angewendet, um die Übertragung von Krankheitserregern zu verhindern.

Auch Haushaltsreiniger oder Waschmittel, die nachweislich eine antimikrobielle Wirkung haben, zählen zu den Desinfektionsmitteln und unterliegen der europäischen Biozid-Gesetzgebung.

Wie wirken Desinfektionsmittel?

Die Wirksamkeit eines Desinfektionsmittels ist von den eingesetzten Wirkstoffen, deren Konzentration und auch von den Anwendungsbedingungen, wie z. B. der Einwirkzeit und der Temperatur, abhängig. Viele Desinfektionsmittel wirken außerdem nur gegen bestimmte Mikroorganismen. Werden Desinfektionsmittel, oder auch Reinigungsmittel mit antimikrobieller Wirkung, im Privathaushalt eingesetzt, sollten die Produkte sachgerecht, unter den vom Arzt oder Hersteller vorgegebenen Bedingungen, angewendet werden.

Sind Desinfektionsmittel zur Vermeidung von Infektionskrankheiten notwendig?

Mikroorganismen sind überall in der Umwelt vorhanden und lösen nicht zwangsläufig Erkrankungen aus. Oftmals haben Mikroorganismen sogar eine schützende Funktion oder unterstützen die menschliche Gesundheit. Mikroorganismen auf der menschlichen Haut tragen beispielsweise zur Ausbildung der natürlichen Barrierefunktion bei und erschweren es Krankheitserregern so, Hautareale zu besiedeln. Im Darm unterstützen Mikroorganismen u. a. die Verdauung.

Um gesundheitliche Risiken im Haushalt zu vermeiden, ist es entscheidend, die Grundregeln der Hygiene einzuhalten. Das beinhaltet neben der persönlichen Hygiene und einer regelmäßigen Reinigung des Haushalts auch die hygienische Zubereitung und Lagerung von Lebensmitteln. Die Verwendung von Desinfektionsmitteln ist hingegen meist nicht erforderlich.

Gibt es Fälle, in denen eine Anwendung von Desinfektionsmitteln im Privathaushalt sinnvoll ist?

In Ausnahmefällen ist die Anwendung von Desinfektionsmitteln im Privathaushalt sinnvoll und notwendig, z. B. um eine Übertragung von Krankheitserregern zu vermeiden und besonders empfindliche Haushaltsmitglieder zu schützen. In diesem Fall sollten nach ärztlicher Beratung ausgewählte Desinfektionsmittel angewendet werden. Eine weitere Ausnahme kann die Verwendung von Desinfektionsmitteln in privaten Swimmingpools darstellen, um die Vermehrung von Keimen zu verhindern.

Welche gesundheitlichen Risiken können mit der Verwendung von Desinfektionsmitteln im Haushalt verbunden sein?

Unfälle mit Reinigungs- und Desinfektionsmitteln können Gesundheitsbeeinträchtigungen verursachen. Das geht aus Dokumentationen von Vergiftungen mit Haushaltschemikalien hervor. Während der Coronapandemie, als solche Mittel vermehrt auch im Privathaushalt eingesetzt wurden, kam es beispielsweise zu einem deutlichen Anstieg der Giftnotrufe nach Expositionen gegenüber Desinfektionsmitteln bei Kindern unter 6 Jahren (https://doi.org/10.3238/arztebl.m2021.0185).

Der Schweregrad von Vergiftungen wird durch die Art, die chemische Zusammensetzung und durch die Länge der Einwirkungszeit der verschiedenen Produkte bestimmt. Abhängig von den Inhaltsstoffen der Produkte kann es z. B. zu Verätzungen kommen. Betroffen sind dabei meist die Augen und die Haut. Werden die Produkte irrtümlich getrunken, kann das auch zu Verätzungen im Magen-Darm-Trakt führen. Ferner können Produkte mit sensibilisierenden Eigenschaften auch zur Entstehung von Allergien beitragen.

Verbraucherinnen und Verbraucher, die Desinfektionsmittel verwenden, sollten in jedem Fall auf eine sachgerechte Anwendung und eine sichere Aufbewahrung der Produkte achten. Sicherheits- und Gebrauchshinweise sollten den Produktverpackungen oder Beipackzetteln entnommen werden.

Tragen Desinfektionen zur Resistenzbildung von Krankheitserregern bei?

Ob die Anwendung von Desinfektionsmitteln im Privathaushalt dazu beitragen kann, dass (krankmachende) Mikroorganismen eine Resistenz (Widerstandsfähigkeit) gegen die verwendeten Wirkstoffe entwickeln, muss im Einzelfall beurteilt werden. In solchen Fällen können die Produkte wirkungslos werden.

Mikroorganismen können Resistenzen gegen biozide Wirkstoffe ausbilden, wenn sie regelmäßig geringen, nicht-tödlichen Konzentrationen des Wirkstoffs ausgesetzt sind. Die Resistenz bietet ihnen dann einen Überlebensvorteil gegenüber nicht-resistenten Mikroorganismen. Bakterien und Hefen sind zudem in der Lage, genetische Informationen und somit auch Resistenzeigenschaften an andere Mikroorganismen weiterzugeben.

Einige Wirkstoffe in Desinfektionsmitteln können zudem die Resistenzentwicklung von Mikroorganismen gegen Antibiotika fördern - auch wenn die Mikroorganismen gegen das Desinfektionsmittel selbst nicht resistent sind.

Müssen Desinfektionsmittel zugelassen werden, bevor sie vermarktet werden dürfen?

Desinfektionsmittel sind rechtlich als Biozidprodukte eingestuft, das bedeutet: Die eingesetzten bioziden Wirkstoffe müssen nach Biozid-Verordnung (EU) Nr. 528/2012 auf europäischer Ebene bewertet und genehmigt worden sein. Die einzelnen Produkte müssen dann auf nationaler Ebene zugelassen werden. In diesem Zulassungsverfahren wird das gesamte Produkt mit den enthaltenen Wirkstoffen und Beistoffen unter Berücksichtigung der vorgesehenen Anwendungszwecke einer Risikobewertung unterzogen.

Die Zulassung erfolgt in Deutschland durch die Bundesstelle für Chemikalien, die bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) angesiedelt ist. Die Risikobewertung für Verbraucherinnen und Verbraucher und die allgemeine Öffentlichkeit sowie für Haus- und Nutztiere wird dabei vom BfR durchgeführt.

Für Biozidprodukte, deren Wirkstoffe vor dem 14. Mai 2000 zu bioziden Zwecken eingesetzt wurden, gelten allerdings Übergangsregelungen: Sie dürfen ohne Zulassung vermarktet werden, solange die Wirkstoffe noch nicht abschließend bewertet und genehmigt sind. Diese Regelung gilt längstens bis zum 31. Dezember 2030 und trifft momentan auf die meisten chemischen Desinfektionsmittel zu.

Welche Empfehlungen gibt das BfR zur Verwendung von Desinfektionsmitteln im Privathaushalt?

Mit der generellen Anwendung von Desinfektionsmitteln im privaten Haushalt ist kein hygienischer Nutzen verbunden. Dies gilt insbesondere für Haushaltsreiniger und Waschmittel mit nachweislich antimikrobieller Wirkung. Vielmehr können die Produkte gesundheitliche Risiken (Vergiftungen, Allergiebildung) für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie das Risiko einer Resistenzbildung von Mikroorganismen gegen biozide Wirkstoffe bergen.

Im privaten Haushalt sollten Desinfektionsmittel daher nur in Ausnahmefällen verwendet werden. Ausnahmen sind insbesondere medizinisch begründete Situationen, in denen die Produkte nach ärztlicher Beratung eingesetzt werden.



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